Kultur
Die Frauenschaft
Die
Frauenschaft war im Krieg eine Vereinigung der meisten Frauen von
Großsachsen. Sie war nicht politisch tätig, wie mir eine Bürgerin
berichtete. Man traf sich, um Meinungen auszutauschen und Ratschläge zu
geben, wie man zum Beispiel ein paar Hühner, Kaninchen oder ein Schwein
verschwinden lassen konnte.
|
|
In der Kriegszeit musste man alle
Nutztiere anmelden und es wurde immer geprüft, was man abliefern musste.
Für den Eigenbedarf durfte man nur sehr wenig zurückbehalten. Das
reichte hinten und vorne nicht. Man war also gezwungen etwas
verschwinden zu lassen. Auf den Frauen lag damals die Hauptlast, die
Familie durchzubringen, denn die Männer waren ja im Krieg. Viele Frauen
mussten damals den Hof alleine bewirtschaften. Wenn sie Glück hatten,
gab es noch die Alten, Opa und Oma. Sie halfen, so gut es eben ging.
Im Ort gab es auch Familien, die
keinen Hof hatten und viele Ausgebombten und Flüchtling wurden auch
mitversorgt. Man konnte von einander lernen, wie man zum Beispiel aus
alten Schlafteppichen Hosen für die Kinder nähen konnte oder wie man aus
den Zuckersäcke Pullover strickte. In den Zuckersäcken war außer Jute
noch ein weißer Faden eingewebt. Und wenn man den vorsichtig austrennte,
konnte man aus diesem weißen Faden eine Art Wolle gewinnen. Es wurden
Koch- und Backrezepte ausgetauscht, so dass man aus den wenigen
Lebensmitteln schmackhafte Gerichte zubereiten konnte. Man half sich
gegenseitig, was die eine nicht wusste, wusste die andere. Es wurde sehr
viel gesungen, genäht und gestickt. Was die Frauenschaft noch geleistet
hat, verdeutlicht ein Auszug aus dem Büchlein von
Dr. Rudolf Nöthe - Geschichte von Großsachsen 1931 - 1956.
"Die Frauen traten zum großen Teil der
Frauenschaft bei und nahmen an den Abenden teil, an denen Vorträge
gehalten wurden über Kindererziehung, über Haushaltsführung. Es wurden
häufig Volkslieder gesungen, vor allen Dingen aber wurde an solchen
Abenden gearbeitet. Eine jede Frau brachte ihre Strickarbeit mit. Die
Frauenschaft unterschied sich von anderen Parteiorganisationen, die das
männliche Prinzip repräsentierten, durch ihre ausgesprochen frauliche
Einstellung. In den Frauenschaftsabenden wurde das Volkstum gepflegt. Es
wurde aus Dichtern und Erzählern vorgelesen. Vor allem aber sollte ihr
Leben von mütterlicher Hilfsbereitschaft erfüllt sein. Sie sollten
helfen, wo sie Not oder Elend bemerkten. Wenn z.B. eine Nachbarin
erkrankt war, sollten sie ihr den Haushalt besorgen, sie sollten die
verwundeten Soldaten im Lazarett besuchen, ihnen Lieder vorsingen und
ihnen Kuchen und Früchte spenden. ..." Zitatende.
Rückblickend kann man heute sagen,
dass diese Frauen Großes geleistet haben und man muss sie dafür
bewundern. Ich würde sagen, diese Frauen haben uns schon damals gezeigt,
was man unter Emanzipation versteht.
Die Frauengemeinschaft wurde 1945
aufgelöst, sowie alles, was aus der Kriegszeit stammte. Aber ab 1949/50
formierten sich die Frauen erneut zum heutigen Landfrauenverein.
Willi Eck
|